Marie Just

Lieber Paul!

Das hier ist ein unmöglicher Brief. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, dass Du aufhörst. Mit was denn bloß?

Du warst in meinem Leben mit UK immer da. Wirklich immer. Als ich 1993 in Göttingen mein Referendariat begann, warst Du da. Du wurdest von einer Kollegin der KME-Schule mit an die GE-Schule gebracht. Und ich lernte BigMack und AlphaTalker kennen. Und eben diesen leidenschaftlichen, lachenden Paul, der irgendwie immer ein bisschen „intensiver“ war. Und ich fühlte mich in dieser Eigenschaft seelenverwandt. Bis heute.

Irgendwann ist mir bewusst geworden, dass ich wirklich dabei war, als die UK aus dem KME-Bereich in den GE- Bereich schwappte. Bis heute verbinde ich die für mich konkurrenzlose Brillianz von Minspeak mit dem für mich bewiesenen Fakt, dass Quasselkiste und Co gerade für Menschen mit Lernschwierigkeiten genau das Richtige sind. Wenn da das Umfeld nicht wäre…

Ich habe Dich mit nach Lüneburg genommen. Und als dann Ben und Kathrin da waren, war ich so froh, dass Du mich weiter angerufen hast. Dass Du mich weiter als Deine Freundin bezeichnet hast. Und während meiner aktiven Zeit für isaac-GSC und später die Gesellschaft für UK e.V. daran festgehalten hast, obwohl vieles dann schwer auszuhalten gewesen sein muss und wie ich ja weiß, auch war.

Meine absolute Lieblings-Paul-Geschichte hat sich 2017 in einer Dortmunder Hotelbar zu sehr früher Stunde abgespielt. Ich war wegen einer Kehlkopfentzündung beim UK-Kongress zur kurzzeitig stimmlosen UKlerin geworden und versuchte relativ verzweifelt, Michael und Dir schriftbasiert klar zu machen, was ich als DDR-Kind vom damaligen Bundespräsidenten hielt. Irgendwann in dieser wilden Diskussion, die ja viel kulturelle Differenz überbrücken musste, sagtest Du: „Lass uns das weiter diskutieren, wenn Marie wieder sprechen kann.“ Weniges hat mir so deutlich gemacht, wie wenig es zählt, Wörter als reine Form benutzen zu können. Wie vielschichtig Wortbedeutungen sind und wie fantastisch Minspeak auch deshalb ist, weil der Kontext des Gebrauchs der Worte viel wichtiger ist als die Gestalt des einzelnen Wortes.

Lieber Paul, immer, wirklich immer, hat es sich gelohnt, Dir zuzuhören. Mich darauf einzulassen, Deinen lebendigen und wirklich immer neue Blickwinkel eröffnenden Gedankensprüngen zu folgen. Gerade weil Du nie geschlossene Theorien oder bis in den letzten Winkel ausgeleuchtete Ideen präsentiert hast. Mit Dir macht es so Spaß zu denken!
Und damit kannst Du doch eigentlich gar nicht aufhören, oder?

Und deshalb ist das hier wirklich kein Abschiedsbrief, sondern ein Vorfreudebrief auf das, was Du nun ohne den „Job“ bei PRD machen wirst.
Bis hierher aber schon mal aus tiefstem Herzen: DANKE!

Marie